Steuerumlageverträge als Pillar II-Risiko
Tax News 5/2024
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Steuerumlageverträge bei Unternehmensgruppen i. S. d. § 9 KStG werfen i. Z. m. Pillar Fragen auf. Handelt es sich bei Steuerumlagen überhaupt um erfasste Steuern i. S. d. MinBestG? Welche bilanziellen Auswirkungen ergeben sich daraus? Wie ist damit umzugehen, wenn verlusterwirtschaftende Gruppenmitglieder keine negative Steuerumlage erhalten, sondern interne Verlustvorträge vereinbart werden?
1. Die Funktion von Steuerumlageverträgen
Bei Unternehmensgruppen i. S. d. § 9 KStG wird das Gruppeneinkommen auf Ebene des Gruppenträgers besteuert. Der Gruppenträger schuldet daher die Körperschaftsteuer für die zusammengerechneten Ergebnisse sämtlicher Gruppenmitglieder. Um den Steueraufwand verursachungsgerecht auf die einzelnen Gruppenmitglieder zu verteilen, bedarf es gemäß § 9 Abs. 8 TS. 3 KStG des Abschlusses einer Steuerumlagevereinbarung.
Grundsätzlich wird zwischen positiven und negativen Steuerumlagen differenziert: Gruppenmitglieder, die einen Gewinn erwirtschaften und daher beim Gruppenträger einen Steueraufwand verursachen, haben eine entsprechende Ausgleichszahlung (positive Steuerumlage) an den Gruppenträger zu leisten. Verluste einzelner Gruppenmitglieder reduzieren das Gruppenergebnis, sodass solchen Gruppenmitgliedern grundsätzlich ein Ausgleich dafür zusteht, dass sie diese Verluste nicht selbst in zukünftigen Veranlagungszeiträumen mit eigenen Gewinnen verrechnen können. Dieser Ausgleich hat grundsätzlich in Form einer negativen Steuerumlagezahlung zu erfolgen. Da verlusterwirtschaftende Gruppenmitglieder bei Außerachtlassung der Unternehmensgruppe keine unmittelbare Zahlung für den erwirtschafteten Verlust erhalten würden, wird in der Praxis häufig keine unmittelbare Zahlung, sondern ein interner Verlustvortrag vereinbart. Erwirtschaften solche Gruppenmitglieder in Folgezeiträumen einen Gewinn, könnte die Steuerumlagevereinbarung z. B. vorsehen, dass sie nur insoweit eine positive Steuerumlage zahlen müssen, als dieser Gewinn den internen Verlustvortrag übersteigt.
2. Bilanzielle Behandlung von Steuerumlagen
Positive Steuerumlagen sind beim „zahlungspflichtigen“ Gruppenmitglied als laufender Steueraufwand zu erfassen und führen beim Gruppenträger zu einem Steuerertrag. Negative Steuerumlagen führen hingegen im Fall unmittelbarer Zahlung zu einem Steueraufwand beim Gruppenträger und zu einem Steuertrag beim Gruppenmitglied.
Wird statt der unmittelbaren Zahlung einer negativen Steuerumlage ein interner Verlustvortrag vereinbart, hat bzw. kann das verlusterwirtschaftende Gruppenmitglied nach Maßgabe des IAS 12 bzw. des § 198 Abs. 9 UGB aktive latente Steuern (zu) bilden (AFRAC 13, Rz. (7a)) ansetzen. Dem kann (muss aber nicht) ein Steueraufwand im selben Jahr beim Gruppenträger gegenüberstehen, wenn für zukünftige Steuerzahlungen, die auf erwartete Gewinne des Gruppenmitglieds zurückgehen, sowie für einen zukünftigen Schlussausgleich eine Rückstellung gebildet wird (AFRAC 30, Rz. 54 f).
3. Steuerumlagen im MinBestG
Nach den Gesetzesmaterialien zum MinBestG zählen sowohl positive als auch negative Steuerumlagen zu den erfassten Steuern (ErlRV 2322 BlgNR. 27. GP, 71). Die bilanziellen Auswirkungen von Steuerumlagevereinbarungen sind daher auch Pillar II-relevant. Dies wirft grundsätzlich keine weiteren Probleme auf, wenn sowohl positive als auch negative Steuerumlagen unmittelbar gezahlt werden. Wird jedoch für Verluste ein interner Verlustvortrag vereinbart, können sich Verwerfungen ergeben, die eine Reduktion des Effektivsteuersatzes und damit das Risiko einer Ergänzungssteuer bewirken können (vgl. Brugger/Formanek/Melcher in Brugger/Marchgraber (Hrsg), SWK-Spezial: Mindestbesteuerungsgesetz 60 ff).
Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 und Abs. 4 MinBestG sind aktive latente Steuern für (auch: interne) Verlustvorträge grundsätzlich selbst dann Pillar II-relevant, wenn i. S. d. § 198 Abs. 10 UGB keine „überzeugende[n] substantielle[n] Hinweise vorliegen, dass ein ausreichendes zu versteuerndes Ergebnis in Zukunft zur Verfügung stehen wird“. Selbst wenn daher ein Gruppenmitglied keine aktiven latenten Steuern für seine internen Verlustvorträge ansetzt, weil es in Zukunft nicht mit ausreichend positiven Ergebnissen rechnet, ist für Pillar II-Zwecke ein entsprechender Steuerertrag (allerdings nur im Ausmaß von 15 Prozenz statt 23 Prozent) zu berücksichtigen.
Setzt das Gruppenmitglied keine aktiven latenten Steuern an, wird häufig auch der Gruppenträger keine Rückstellung gebildet haben. Dem gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 und Abs. 4 MinBestG anzusetzende Steuerertrag beim Gruppenmitglied steht in diesem Fall beim Gruppenträger kein entsprechender Steueraufwand gegenüber. Selbst wenn aber der Gruppenträger eine Rückstellung bildet, ist gemäß § 40 Z. 5 MinBestG zu beachten, dass „laufender Steueraufwand, der voraussichtlich nicht binnen drei Jahren nach Ende des Geschäftsjahres entrichtet wird“, für Pillar II-Zwecke nicht berücksichtigt werden darf. In jenen Fällen, in denen das Gruppenmitglied den internen Verlustvorrag nicht innerhalb von drei Jahren verwerten kann, steht dem (ggf. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 und Abs. 4 MinBestG fiktiv anzusetzenden) latenten Steuerertrag aus dem internen Verlustvortrag des Gruppenmitglieds kein für Pillar II-Zwecke berücksichtigungsfähiger Steueraufwand beim Gruppenträger gegenüber.
4. Zusammenfassung
Die bilanziellen Auswirkungen von Steuerumlagevereinbarungen wirken sich auch auf Pillar II aus. In jenen Fällen, in denen statt negativer Steuerumlagezahlungen interne Verlustvorträge vereinbart werden, kann sich eine nachteilige Reduktion des Effektivsteuersatzes ergeben.
Diese negativen Implikationen könnten vermieden werden, wenn die Steuerumlagevereinbarungen geändert und statt interner Verlustvorträge negative Steuerumlagen zukünftig unmittelbar an das verlusterwirtschaftende Gruppenmitglied gezahlt werden. Ob dies opportun und möglich ist, muss allerdings im Einzelfall beurteilt werden. Zudem ergibt sich bei einer solchen Umstellung die Frage, wie mit bisher angefallenen internen Verlustvorträgen umgegangen werden soll.
Vor diesem Hintergrund gibt Pillar II auch Anlass, bestehende Steuerumlageverträge näher zu analysieren. Es sollte insbesondere geprüft werden, ob eine Anpassung dieser Vereinbarungen notwendig ist, um etwaige Pillar II-Risiken zu vermeiden. Für Unternehmensgruppen, deren Geschäftsjahr sich mit dem Kalenderjahr deckt, bedarf es einer solchen Analyse ggf. noch im Jahr 2024.