VwGH: Zurechnung der Einfuhr bei B2C-Umsätzen
Tax News 5/2024
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Gemäß § 26 UStG sind zwar für die EUSt die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß anzuwenden, dies gilt aber nicht für die Definition des Tatbestands der Einfuhr. Eine Einfuhr liegt gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 UStG vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt. Demnach gilt als „Einfuhr eines Gegenstands“ die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr befindet, in die Gemeinschaft. Wenn der Einfuhrvorgang zur Gänze in dem Einflussbereich des Lieferers liegt, ist diese nach dem VwGH unzweifelhaft dem Lieferer zuzurechnen.
1. Sachverhalt
Die Revisionswerberin ist ein Unternehmen mit Sitz auf den Jersey Islands das in Österreich nicht umsatzsteuerlich registriert ist. Der streitgegenständliche Vertrieb von Kontaktlinsen in Österreich war so gestaltet, dass eine in Österreich ansässige Gesellschaft in ihrer Filiale Kontaktlinsen an nichtunternehmerische Kunden veräußerte. Für den darauffolgenden weiteren Bedarf an Kontaktlinsen konnte der Kunde zwischen dem Bezug in der österreichischen Filiale oder dem Lieferservice (sog. Abo Verkauf) der Revisionswerberin wählen. Bei dem Abo-Verkauf trat die österreichische Konzerngesellschaft nur als Vermittlerin zwischen den Kunden und der Revisionswerberin auf.
Dabei wurde zwischen der Revisionswerberin und den Kunden vertraglich (u. a.) wie folgt vereinbart:
- „Die [Revisionswerberin] führt außerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft lagernde Ware unter Beachtung der einschlägigen zollrechtlichen Bestimmungen im Namen des jeweiligen Kunden ein. Mit Unterzeichnung des Antrages zur Lieferung der Ware durch den Kunden bevollmächtigt dieser die [Revisionswerberin] zur Abgabe aller für die Einfuhr im Namen des Kunden erforderlichen Erklärungen.“
- „Die [Revisionswerberin] übernimmt für den Kunden alle mit der Einfuhr verbundenen Steuern und Abgaben und stellt den Kunden von allen diesbezüglichen Verpflichtungen frei“.
Die Revisionswerberin bezog die Waren i. d. R. von EU-Unternehmen, die die Waren in ein Lager der Revisionswerberin nach Jersey Islands versenden. Dort wird die Ware kommissioniert und für die einzelnen Sendungen verpackt. Die Revisionswerberin beauftragte sodann eine Spedition, die die Waren von den Jersey Islands über die Niederlande zum freien Verkehr in die Europäische Union einführte. Von den Niederlanden gelangten die Waren anschließend im Postweg zu den österreichischen Kunden.
Im Rahmen einer Außenprüfung hat die österreichische Finanzverwaltung festgestellt, dass die Versandhandelsregelung des Art. 3 Abs. 3 UStG anzuwenden sei und daher der Leistungsort in Österreich liege. Die Revisionswerberin hätte daher Umsatzsteuer nicht entrichtet.
2. Entscheidung des BFG
Das BFG stellte fest, dass Art. 3 Abs. 3 UStG (Versandhandelsregelung; Umsetzung des Art. 33 Abs. 2 MwStSystRL) voraussetzt, dass
- der Liefergegenstand vom Lieferer im Einfuhrmitgliedstaat zur Abfuhr (zum freien Verkehr) abgefertigt worden ist. Nicht erforderlich sei, dass der Importeur vom Mitgliedstaat der Einfuhr nach Art. 201 MwStSystRL als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer bestimmt oder bezeichnet werde.
Diese Bestimmung geht nach Ansicht des BFG dem Art. 32 Abs. 2 MwStSystRL (umgesetzt durch § 3 Abs. 9 UStG) vor, da diese die speziellere Norm ist.
Die Revisionswerberin war jedoch der Ansicht, dass es nicht zur Anwendung der Versandhandelsregelung kommt, da die Waren von den Kunden eingeführt wurden.
Grundsätzlich ist gem. Art. 201 UZK der Anmelder Zollschuldner, wobei der Anmelder vertreten werden kann. Der Spediteur hat die Zollanmeldungen im Namen der Empfänger abgegeben. Die Spedition hat aber nicht für Rechnung der Empfänger gehandelt, da die Revisionswerberin etwaige Steuern/Abgaben übernommen hätte. Die Zollanmeldung erfolgte daher nach Ansicht des BFG auf Namen der Empfänger, aber mit Wirkung für die Revisionswerberin.
3. Entscheidung des VwGH
Der VwGH bestätigt mit Entscheidung vom 26.6.2024 (Ro 2022/15/0002) eingangs, dass Art. 3 Abs. 3 UStG auf die Sonderkonstellation des Versandhandels abstellt und gegenüber der Bestimmung des § 3 Abs. 9 UStG vorgeht, da die Versandhandelsregelung die speziellere Regelung ist. Ziel der Regelung ist, dass im Bestimmungsland kein unversteuerter Endverbrauch entstehen kann.
Zur Frage, wem die Einfuhr zuzurechnen ist, führt der VwGH aus, dass gem. § 26 UStG für die Einfuhrumsatzsteuer die zollrechtlichen Vorschriften sinngemäß anzuwenden sind. Dies gilt aber nicht für die Definition des Tatbestandes der Einfuhr. Eine Einfuhr liegt gem. § 1 Abs. 1 Z. 3 UStG vor, wenn Waren von Drittland ins Inland gelangen. Daher bedarf es lediglich des Gelangens von einem Drittland in das Inland.
Weder Art. 3 Abs. 3 UStG noch § 3 Abs. 9 UStG stellen darauf ab, wer Schuldner der EUSt ist, sondern wer die Gegenstände eingeführt hat. Im Hinblick auf den Zweck der Bestimmung der Versandhandelsregelung, liegt der Einfuhrvorgang nach dem VwGH zur Gänze im Einflussbereich der Revisionswerberin. Da der Spediteur im Auftrag der Revisionswerberin, also für Rechnung der Revisionswerberin tätig wurde, ist die Einfuhr in Vertretung der Endabnehmer nach dem VwGH zudem ausgeschlossen. Die Revision war daher gem. § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Ergebnis
Bei der Feststellung, wem die Einfuhr zuzurechnen ist, sind (anders als bei Fragen betreffend die Einfuhrumsatzsteuer) nicht die zollrechtlichen Vorschriften heranzuziehen. Vielmehr ist entscheidend, auf welche Rechnung die Einfuhr erfolgt und in welchem Einflussbereich der Einfuhrvorgang liegt.