BFG: Zahlungen für den Erwerb einer Programmkopie sind keine Lizenzgebühren im Sinne DBA China
Tax News 1/2025
Tax News 1/2025
In einer jüngeren Entscheidung gelangt das BFG zur Erkenntnis, dass Zahlungen für den Erwerb einer Programmkopie keine Lizenzgebühren im Sinne DBA China darstellen und eine in diesem Zusammenhang einbehaltene chinesische Quellensteuer nicht anrechenbar ist. Die Frage, ob Software als Ausrüstung i. S. d. Artikel 12 DBA China zu qualifizieren ist und eine Zahlung für die vorrübergehende eigenbetriebliche Nutzung eine Lizenzgebühr i. S. d. DBA China darstellt, bleibt hingegen offen.
BFG-Entscheidung zur Einordnung von Einkünften aus dem Vertrieb von Software nach dem DBA China (und Indien)
Im Sachverhalt (BFG 22. 7. 2024, RV/5100103/2022) ging es um eine in Österreich ansässige Körperschaft, die Individualsoftware zur Verbesserung von Lackiervorgängen entwickelte. Diese Software wurde über einen chinesischen Vertriebspartner vertrieben, mit dem Softwareüberlassungsverträge abgeschlossen wurden.
Der Vertriebspartner nutzte für den Vertrieb an die chinesischen Endabnehmer zwei Vertragsvarianten: Dem chinesischen Endabnehmer wurde entweder das Recht eingeräumt, die Software gegen laufende Zahlungen für einen bestimmten Zeitraum (in der Regel zwei bis drei Jahre) oder für einen unbestimmten Zeitraum inklusive Wartung gegen eine einmalige Zahlung zu nutzen. Da die Software ohne Inanspruchnahme der Wartungsleistungen bei letzter Variante die volle Funktionalität verliert, war aber faktisch auch in diesem Fall der Zeitraum der Nutzung begrenzt. Sämtliche urheberrechtlich geschützten Rechte blieben in beiden Fällen bei der österreichischen Körperschaft.
Der Vertriebspartner behielt bei Zahlungen an die österreichische Körperschaft 10 % Quellensteuer ein. Die Anrechnung dieser Quellensteuer auf die österreichische Körperschaftsteuer begehrte die österreichische Körperschaft mit dem Verweis, dass es sich bei der Software um eine „Ausrüstung“ nach der einschlägigen Bestimmung des DBA China handelt und die Zahlungen des Vertriebspartners daher abkommensrechtlich als Einkünfte aus Lizenzgebühren einzuordnen sind. Diese Einordnung teilte das Finanzamt nicht und versagte die Anrechnung der Quellensteuer mit dem Verweis, dass es sich um gewerbliche Einkünfte und keine Einkünfte aus Lizenzgebühren handelt.
Das BFG hielt zu den Vertragsgestaltungen fest, dass die österreichische Körperschaft die Software an den chinesischen Vertragspartner verkauft und nicht geleast oder vermietet hat, die beiden Vertragsgestaltungen mit den Endkunden waren für das BFG für die rechtliche Beurteilung unerheblich.
Als Folge daraus gelangt das BFG zum Ergebnis, dass es sich bei Zahlungen für den Erwerb einer Programmkopie für Zwecke des betrieblichen Gebrauches abkommensrechtlich um gewerbliche Einkünfte und keine Einkünfte aus Lizenzgebühren handelt. Das BFG folgte daher der Ansicht des Finanzamtes und versagte die Anrechnung der chinesischen Quellensteuer.
Nur für den Fall, dass die Software – im Sinne einer eigenständigen Verwertung des urheberrechtlich geschützten Immaterialgüterrechts – vervielfältigt, verwertet, verändert oder veröffentlicht werden darf, sind die Zahlungen nach Ansicht des BFG als Lizenzgebühren i. S. d. DBA China zu werten. Auf die Frage, ob Software als Ausrüstung i. S. d. Artikel 12 Abs. 3 DBA China zu werten ist und damit das Entgelt für das Recht auf vorrübergehende Nutzung von Software als Lizenzgebühr i. S. d. DBA China zu qualifizieren ist, geht das BFG nicht ein, zumal ein Recht zur bloß vorrübergehenden Nutzung nach Ansicht des BFG nicht vorlag. Damit bleibt bis auf Weiteres offen, ob der durch EAS 3436 eingeleitete Meinungsumschwung des BMF, wonach die Nutzungsüberlassung von Software keine Überlassung von Ausrüstung i. S. d. Art. 12 Abs. 3 DBA China darstellt, durch das BFG Bestätigung findet, oder nicht.
Die ordentliche Revision an den VwGH wurde zugelassen.
2. Ausblick
Die Entscheidung des BFG vom 22. Juli 2024 zeigt, dass eine steuerliche Prüfung der bestehenden Software-Verträge mit chinesischen Unternehmen empfehlenswert ist, um unerwünschte steuerliche Konsequenzen, die sich beispielsweise durch abkommensrechtliche Qualifikationskonflikte ergeben können, zu vermeiden. Hierbei kann z. B. geprüft werden, ob eine Umstellung auf eine echte Lizenzierung mit Einräumung eines Werknutzungsrechtes in Frage kommt, um so die Anrechnung der Quellensteuer sicherzustellen. Für bereits eingetretene Doppelbesteuerungen sind entsprechende Entlastungsmaßnahmen (z. B. ein Verständigungsverfahren, unilaterale Entlastung, etc.) zu prüfen.
Auch hier unterstützen Sie die Experten der KPMG gerne.