Grundstückswert-VO: Abgrenzung zwischen Fabriksgebäuden und einfachsten Gebäuden

Tax News 1/2025

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Der VwGH beschäftigte sich jüngst mit der Einstufung von Gebäuden, die Teil der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgebäudes sind.

In bestimmten Fällen ist die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nach dem Grundstückswert zu bestimmen, der u. a. pauschal nach der Grundstückswert-VO bestimmt werden kann („Pauschalwertmodell“). In der Praxis stellen sich bei der Berechnung des Grundstückswertes v. a. von Betriebs- und Fabriksliegenschaften diverse Zweifelsfragen, da die Eckpunkte des Pauschalwertmodells doch eher auf Wohn- oder Bürogebäude ausgelegt sind.

Der Grundstückswert für ein Gebäude wird in Abhängigkeit von der Nutzfläche und einem Baukostenfaktor je Bundesland unter Berücksichtigung von mehreren Abschlägen bzw. „Multiplikatoren“ bestimmt. Diesbezüglich geht es insbesondere um das Alter des Gebäudes, den Zeitpunkt allfälliger Sanierungen und v. a. die Art des Gebäudes. Zu letzterem gibt es ein aktuelles VwGH-Erkenntnis.

1. Sachverhalt

Der VwGH hatte sich jüngst mit einem Fall auseinander zu setzen, in dem die Beschwerdeführerin sämtliche Anteile einer anderen GmbH erwarb, in deren Vermögen sich zwei Baurechte mit darauf errichteten Fabriksgebäuden befand. Dadurch wurde eine Grunderwerbsteuerschuld aufgrund Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG vom Grundstückswert ausgelöst. Der Grundstückswert wurde mittels Pauschalwertmodell bestimmt.

Strittig war, ob bei der Berechnung des Gebäudewerts der Baukostenfaktor zu 60 % (für Fabriksgebäude etc.) oder zu 25 % (für einfachste Gebäude) anzusetzen war (siehe dazu erläuternd auch Anhang unten).

Bei den Gebäuden handelte es sich um Werkshallen, in den Baustoffe produziert, Materialien verarbeitet und hergestellte Produkte gelagert wurden und damit den Tatbestand von Fabriksgebäuden, die Teile der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstückes sind, erfüllen. Die Hallen wurden zum Großteil nicht beheizt und konnten nicht zur Gänze frostsicher gehalten werden, waren jedoch teilweise in Massivbauweise errichtet, sodass auch die Neuerrichtungskosten deutlich höher waren als bei Leichtbauhallen.

2. VwGH

Der Aliquotierung des Grundwertes anhand der (damaligen) Restnutzungsdauer der Baurechte gemäß § 56 Abs. 3 Z. 1 BewG (Ansatz zu 80 %) erteilte der VwGH (24.10.2024, Ro 2022/16/0023) eine Absage, da diese Ermittlungsmethode weder in § 4 Abs. 1 GrEStG noch in der damals anwendbaren Stammfassung der GrWV Deckung finden. Der entsprechende Teil des Bewertungsgesetzes gilt aber nur „nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze“ für die Grunderwerbsteuer mangels der die vorgenommene Aliquotierung unzulässig war. Die strengere Beurteilung des VwGH entspricht seiner bisherigen Linie und war daher nicht überraschend (vgl. VwGH 13.12.2022, Ro 2019/16/0005).

Zur strittigen Frage, ob für die Gebäudewerte der Baukostenfaktor zu 60 % (Fabriksgebäude) oder zu 25 % (einfachste Gebäude) anzusetzen war, ging der VwGH auf den Verordnungstext ein, sowie auf § 53 Abs. 6 BewG, an den die GrWV angelehnt ist. Für den VwGH auffallend war, dass die Abgrenzung des § 53 Abs. 6 lit. d BewG (laut der Fabriksgebäude nur dann vorliegen, sofern diese nicht in leichter oder behelfsmäßiger Bauweise bzw als einfache Holzgebäude oder offene Hallen in Holzkonstruktion errichtet wurden) nicht auch in die fast wortgleiche Bestimmung des § 2 Abs. 3 Z. 3 lit. b GrWV übernommen wurden.

Der VwGH schloss unter anderem aus diesen fehlenden Verweis daraus, dass Fabriksgebäude, die Teil der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstückes sind, jedenfalls zu 60 % anzusetzen sind, unabhängig davon, ob im konkreten Fall die betreffenden Gebäude aufgrund ihrer bautechnischen Beschaffenheit auch als einfachste Gebäude GrWV eingestuft werden könnten.

Im Ergebnis wies der VwGH daher die Revision ab und die Gebäude waren gemäß § 2 Abs. 3 Z. 3 lit. b GrWV zu 60 % (statt zu 25 %) anzusetzen.

3. Ergebnis und Ausblick

Die Entscheidung des VwGH schafft hinsichtlich einer länger diskutierten Frage Klarheit. Gebäude, die Teil einer wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgebäudes sind, sind automatisch als Fabriksgebäude zu qualifizieren und daher mit 60 % anzusetzen, auch wenn diese (isoliert) aufgrund ihrer bautechnischen Beschaffenheit als einfachstes Gebäude einzustufen (und nur mit 25 % anzusetzen) wären. Vorgelagert wird sich in vielen Fällen allerdings schon einmal die Frage stellen, ob das „einfache Gebäude“ tatsächlich Teil der wirtschaftlichen Einheit ist bzw sich das bewertungsrechtlich (auch) im Einheitswertbescheid widerspiegelt.

Fraglich ist zudem, ob die Aussagen des VwGH lediglich auf jene Gebäude abzielen, die von vornherein unter § 2 Abs. 3 Z. 3 lit. b GrWV fallen würden, d. h. Fabriksgebäude, Werkstättengebäude und Lagerhäuser. Offen bleibt somit die Einstufung anderer Gebäude (wie insbesondere Bürogebäude oder Wohngebäude), die sich in der Praxis des öfteren auch auf Fabriksgrundstücken befinden.

Die weitere Rechtsentwicklung bleibt abzuwarten.

Ihr KPMG-Berater unterstützt Sie gerne bei der Berechnung des Grundstückswerts i. S. d. Grundstückswert-VO.

Der Grundstückswert laut Pauschalwertmodell setzt sich zusammen aus dem Grundwert und dem Gebäudewert.

Der Grundwert ermittelt sich aus dem dreifachen Bodenwert, der mit einem gemeindeabhängigen Hochrechnungsfaktor zu multiplizieren ist. Für Baurechte ist laut der am 1.10.2019 aktualisierten Version der GrWV eine Aliquotierung abhängig von der Restlaufzeit des Baurechts zu berücksichtigen (vorliegender Fall betrifft aber einen Zeitraum, bevor diese Regelung anwendbar war).

Der Gebäudewert ermittelt sich aus der Nutzfläche (bzw. falls diese nicht bekannt ist die um 30 % gekürzte Bruttogrundrissfläche), die mit einem Baukostenfaktor, einem Multiplikator abhängig von der Gebäudeart, sowie einem Multiplikator abhängig vom Gebäudealter bzw. der erfolgten Sanierungen zu multiplizieren ist.

Für den vorliegenden Fall relevant ist der von der Gebäudeart abhängige Multiplikator, der wie folgt anzusetzen ist:

  • Wohngebäude: 100%
  • Fabriksgebäude, Werkstättengebäude und Lagerhäuser, die Teile der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstückes sind: 60 %
  • Einfachste Gebäude (z. B. Glashäuser, Kalthallen, Gerätehäuser etc.) sowie bei behelfsmäßiger Bauweise: 25 %
  • Alle anderen Gebäude: 71,25 %