Umsatzsteuerliche Behandlung von Elektrizitätslieferung kombiniert mit IT-Diensten

Tax News 1/2025

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Der EuGH hat sich in seinem Urteil vom 17. Oktober 2024, Digital Charging Solutions, C‑60/23 mit der Frage beschäftigt, inwieweit E-Mobilitätsanbieter in die Lieferkette über Elektrizität eingebunden sind, wenn der E-Mobilitätsanbieter zusätzlich zur Elektrizitätslieferung weitere IT-Dienste anbietet.

Sachverhalt und Vorlagefragen

Digital Charging Solutions ist eine in Deutschland ansässige Gesellschaft, die Nutzern von E-Autos in Schweden Zugang zu einem Netz von Ladepunkten zur Verfügung stellt. Die Ladestationen werden nicht von Digital Charging Solutions betrieben, Digital Charging Solutions hat jedoch mit den Betreibern der Ladestationen Verträge abgeschlossen, damit ihre Kunden Elektrizität laden können. Die Kunden erhalten eine Karte und Zugang zu einer App von Digital Charging Solutions worüber die Ladevorgänge registriert werden und von Digital Charging Solutions in Rechnung gestellt werden. Digital Charging Solutions stellt die Rechnungen an ihre Kunden auf Grundlage der von den Ladepunktbetreibern erhaltenen Rechnungen aus, wobei auf der Rechnung zwei Positionen ausgewiesen werden:

  • Einerseits wird die Elektrizität fakturiert. Der Preis der Elektrizitätslieferung variiert abhängig davon, wieviel Elektrizität der Kunde im jeweiligen Zeitraum geladen hat.
  • Andererseits wird von Digital Charging Solutions eine fixe Gebühr verrechnet für die von Digital Charging Solutions erbrachten Nebenleistungen. Diese fixe Gebühr ist auch zu zahlen, wenn der Kunde z. B. in einem Monat keine Elektrizität kauft. 

Es ist nicht möglich, dass der Kunde ausschließlich Elektrizität von Digital Charging Solutions kauft, ohne die Gebühr für die Nebenleistungen zu zahlen.

Das schwedische Vorlagegericht stellte dem EuGH die Frage, ob der Ladevorgang eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung ist. Zudem wollte das schwedische Vorlagegericht wissen, ob zwischen dem Ladepunktbetreiber, Digital Charging Solutions und den Kunden von Digital Charging Solutions eine Lieferkette im Sinne eines Kommissionsgeschäfts (Besorgungsleistung) vorliegt.

EuGH-Entscheidung

Der EuGH führt seine Rechtsprechungslinie zu Elektrizitätslieferungen fort und bejaht das Vorliegen einer Lieferkette von Elektrizität durch den Ladevorgang. Zudem grenzt der EuGH den vorliegenden Fall von den Rs. Vega International und Auto Lease Holland und betont, dass der vorliegende Fall auf Sachverhaltsebene nicht mit den Rs. Vega International und Auto Lease Holland vergleichbar ist.

In der Folge geht der EuGH auf die zwei Voraussetzungen für das Vorliegen eines Kommissionsgeschäfts (Besorgungsleistung) ein und bejaht das Vorliegen eines Kommissionsgeschäfts mit der folgenden Begründung:

  • Vorliegen eines Auftrags zum Kauf bzw Verkauf von Waren: Die Feststellung, ob im vorliegenden Fall eine Verkaufs- oder Einkaufskommission vorliegt, obliegt dem nationalen Gericht. Digital Charging Solutions wird wohl jedenfalls entweder als Einkäufer für die Ladenden oder als Verkäufer für die Ladepunktbetreiber tätig.
  • Gleichartigkeit der Lieferungen: Digital Charging Solutions verkauft die eingekaufte Elektrizität an ihre Kunden weiter. Aus diesem Grund ist auch die zweite Voraussetzung gegeben, obwohl die Kunden zusätzlich zur Elektrizitätslieferung weitere IT-Dienste erhalten.

Ob es sich bei der von Digital Charging Solutions erbrachten Leistung an ihre Kunden (Lieferung von Elektrizität und Erbringung von IT-Diensten) um eine einheitliche Leistung oder um zwei selbstständige Hauptleistungen handelt, hängt u. A. davon ab, wie die Gebühr für die Leistungen erhoben wird: wird für die IT-Dienste ein gesondertes Entgelt in Form einer festen Gebühr verrechnet und wird diese Gebühr unabhängig von der tatsächlichen Lieferung von Elektrizität fällig, so liegen wohl zwei (eigenständige) Leistungen vor.

Ergebnis

In der Praxis führen Elektrizitätslieferungen durch E-Mobilitätsanbieter zu vielen umsatzsteuerlichen Fragen. Abhängig davon, wo die Kunden laden, ob es sich bei den Kunden um Unternehmer oder Nichtunternehmer handelt, ob der unternehmerische Kunde ein Wiederverkäufer ist und ob der Kunde eine umsatzsteuerliche Registrierung im Land des Aufladens innehat, sind unterschiedliche umsatzsteuerliche Regelungen anwendbar. In dieser Hinsicht ist es erfreulich, dass der EuGH für E-Mobilitätsanbieter zumindest eine Klarstellung getroffen hat, dass die in Vega International und Auto Lease Holland vorgenommene umsatzsteuerliche Würdigung im vorliegenden Fall für die Lieferung von Elektrizität durch E-Mobilitätsanbieter nicht anwendbar ist.