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      Deutschland steht vor einer umfassenden Erneuerung seiner Infrastrukturen. Mit dem Sondervermögen gemäß Artikel 143h GG stellt die Bundesregierung bis 2045 bis zu 500 Milliarden Euro für zentrale Zukunftsprojekte bereit – insbesondere in den Bereichen Verkehr, Energie, Digitalisierung und Klimaschutz. Ziel ist es, langfristige Transformationsprozesse anzustoßen, regionale Entwicklung zu fördern und die Resilienz öffentlicher Systeme zu stärken.

      Zugleich gewinnen sicherheitsbezogene Anforderungen an Bedeutung: Die geopolitische Lage macht deutlich, dass Infrastrukturen nicht nur leistungsfähig, sondern auch krisenfest sein müssen. Dies betrifft Aspekte wie Tragfähigkeit, Logistik, digitale Sicherheit oder Notfallvorsorge.

      Unsere Themenseite bietet erste Orientierung – differenziert nach öffentlichem und privatem Sektor.


      Mit dem neuen finanzpolitischen Kurs hat die Bundesregierung den Weg für eine umfassende Modernisierung öffentlicher Infrastrukturen geebnet. Neben klassischen Handlungsfeldern wie Mobilität, Energie und Digitalisierung treten zunehmend Anforderungen in den Fokus, die sich aus sicherheitspolitischen und geopolitischen Entwicklungen ergeben.

      Für öffentliche Träger – von Kommunen über Landesbehörden bis zu Bundesinstitutionen – entstehen neue Gestaltungsspielräume. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Planungssicherheit, Umsetzungsgeschwindigkeit und rechtliche Compliance.

      Unsere 10 Fragen und Antworten geben Orientierung im Spannungsfeld zwischen Modernisierung, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit.

      10 Fragen und Antworten für den öffentlichen Sektor

      Im Zentrum stehen umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen in sicherheitskritischen und zukunftsrelevanten Bereichen. Dazu zählen insbesondere die Sanierung von Verkehrswegen, die Ertüchtigung von Brücken, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, der Aufbau digitaler Verwaltungsinfrastrukturen sowie Investitionen in Energieeffizienz und Versorgungssicherheit. Auch die Resilienz kritischer Infrastrukturen – etwa im Gesundheitswesen, in der Wasser- oder Stromversorgung – rückt verstärkt in den Fokus.

      Das Sondervermögen gemäß Artikel 143h GG eröffnet neue finanzielle Spielräume für Investitionen, die bisher durch Haushaltsgrenzen gebremst wurden. Es ist ausschließlich für zusätzliche Maßnahmen vorgesehen – also für Projekte, die bislang weder geplant noch finanziert waren. Öffentliche Träger können nun gezielter in Transformations-, Digitalisierungs- und Infrastrukturprojekte investieren, sofern sie förderfähig und strategisch eingebettet sind. Gleichzeitig sind weiterhin wirtschaftliche Plausibilität und konforme Ausgestaltung nach Haushalts-, Vergabe- und Beihilferecht gefordert.

      Digitalisierung ist ein zentraler Hebel zur Effizienzsteigerung und zur Entlastung der Verwaltung. Digitale Genehmigungsprozesse, automatisierte Workflows, zentrale Portale und cloudbasierte Fachverfahren ermöglichen schlankere und schnellere Abläufe. Ziel ist es, Bearbeitungszeiten deutlich zu verkürzen, Transparenz zu erhöhen und gleichzeitig die Qualität der Umsetzung zu verbessern. Initiativen wie der „Deutschland-Stack“ oder die eID-Wallet bilden hierfür den technologischen Rahmen.

      Viele Programme auf Bundesebene – etwa im Rahmen des DigitalPakts, der Klimainvestitionsoffensive oder der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) – richten sich explizit an Länder und Kommunen. Auch im Sondervermögen sind 100 Milliarden Euro für Investitionen von Ländern und Kommunen vorgesehen. Voraussetzung ist in der Regel ein qualifizierter Projektantrag mit klarer Zieldefinition, Finanzierungsstruktur und Nutzenargumentation. Frühzeitige Projektentwicklung, Plausibilisierung und Vergabestrategie sind entscheidend für den Fördererfolg.

      Infrastrukturprojekte werden zunehmend auch unter sicherheitsbezogenen Gesichtspunkten bewertet. Dazu zählen beispielsweise die Tragfähigkeit von Brücken für militärische Transporte, die Kennzeichnung von Marschrouten mit MLC-Schildern, die Erweiterung von Rastplätzen entlang strategischer Verkehrsachsen oder Anforderungen an Notstromversorgung, Cybersicherheit und redundante Kommunikation. Diese Vorgaben fließen nicht nur in die technische Ausgestaltung ein, sondern können auch Auswirkungen auf Förderfähigkeit und Planungspriorität haben.

      Das öffentliche Vergaberecht bleibt zentraler Rahmen für Transparenz, Gleichbehandlung und Wirtschaftlichkeit. Gleichzeitig werden digitale Vergabeplattformen (z. B. e-Vergabe, DTVP) und neue Instrumente wie Innovationspartnerschaften verstärkt genutzt. Es gibt Bestrebungen, Verfahren bei strategischen Großprojekten zu vereinfachen – etwa durch Anerkennung gleichwertiger internationaler Zertifizierungen oder durch Erleichterungen bei Dringlichkeit und Systemrelevanz. Dennoch gilt: Eine sorgfältige und rechtssichere Verfahrensgestaltung bleibt essenziell.

      ÖPP-Modelle können gerade bei komplexen Projekten im Bereich Verkehr, Bildung oder IT-Infrastruktur Effizienzpotenziale heben. Die frühzeitige Einbindung privater Expertise, Technologien und Finanzierungsmodelle ermöglicht eine wirtschaftliche Umsetzung und eine risikobewusste Projektstruktur. Voraussetzung ist eine fundierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, klare Governance-Strukturen und eine langfristige Vertragsgestaltung, die sowohl Steuerbarkeit als auch Flexibilität sicherstellt.

      Technische Interoperabilität, offene Schnittstellen und die Kompatibilität mit europäischen und nationalen Standards sind entscheidend für nachhaltige Investitionen. Dies gilt besonders für digitale Verwaltungsplattformen, Cloud-Infrastrukturen, Sicherheitssysteme oder KI-Anwendungen. Normierungsinitiativen wie Gaia-X, der EU AI-Act oder Standardisierungsvorgaben im Bereich IT-Sicherheit bieten dabei Orientierung. Wer zukunftsfähige Projekte realisieren möchte, sollte diese Standards frühzeitig berücksichtigen.

      Die Umsetzung der Investitionsoffensive erfordert neue Kompetenzen – in Technik, Projektmanagement, Vergaberecht und digitaler Transformation. Der Bund und viele Länder fördern gezielt Qualifizierungsmaßnahmen, u. a. über Verwaltungsakademien, E-Learning-Plattformen und Kooperationen mit Hochschulen. Auch der Aufbau interdisziplinärer Projektteams, die Einrichtung von Transformationsbüros oder das Onboarding externer Expertise kann den Kompetenzaufbau unterstützen.

      Gerade bei ressortübergreifenden Themen wie Klimaanpassung, Digitalisierung oder Sicherheitsvorsorge ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen entscheidend. Gemeinsame Steuerungsgremien, abgestimmte Planungsansätze und zentrale Plattformen zur Projektverfolgung sorgen für Synergien und verhindern Reibungsverluste. Fördermittel werden zunehmend auch an Kooperationsbereitschaft und integrierte Planungsansätze geknüpft.

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      Digitalisierte Brückenzustands-Erfassung

      Positionspaper

      Gemeinsam sichern wir die kommunale Daseinsfürsorge und denken an die Zukunft Ihrer Stadt

      Die Bundesregierung schafft mit dem Sondervermögen neue Investitionsanreize – insbesondere im Infrastrukturbereich. Für Unternehmen ergeben sich daraus vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten: als Technologieanbieter, Umsetzungspartner oder Betreiber – aber auch als Mitgestalter bei Förderprojekten.

      Darüber hinaus eröffnet die europäische Initiative „ReArm Europe“ zusätzliche Perspektiven für Unternehmen in sicherheits- und verteidigungsnahen Industrien. Im Fokus stehen hier grenzüberschreitende Kooperationen, technologische Innovationen und der Zugang zu EU-Förderprogrammen wie dem European Defence Fund (EDF).

      Unsere Fragen und Antworten zeigen auf, wie Unternehmen ihre Potenziale in diesen Märkten gezielt einbringen können – national und europaweit.

      10 Fragen und Antworten für den privaten Sektor

      Das Investitionsumfeld der kommenden Jahre bietet Unternehmen vielfältige Geschäftsmöglichkeiten – insbesondere in den Bereichen Bau, Energie, IT, Sicherheitstechnologien, Transport und Digitalisierung. Die Modernisierung kritischer Infrastrukturen und die Digitalisierung der Verwaltung eröffnen neue Märkte, auch in der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand. Zusätzlich schafft der europäische ReArm Europe Plan zusätzliche Potenziale: Unternehmen, die zur Stärkung der European Defence Technological and Industrial Base (EDTIB) beitragen, profitieren von neuen Förderinstrumenten und strategischer Relevanz auf EU-Ebene.

      Ja – sowohl national als auch europäisch. Auf Bundesebene werden Vorhaben in Bereichen wie Elektromobilität, Ladeinfrastruktur, Energieeffizienz, IT-Sicherheit oder digitaler Infrastruktur gezielt gefördert – teils durch Zuschüsse, teils durch steuerliche Anreize oder zinsvergünstigte Kredite. Auf EU-Ebene bieten Programme wie der European Defence Fund (EDF) und die ReArm Europe Initiative Zugang zu Finanzmitteln für Unternehmen, die sicherheitsrelevante Technologien, dual-use-Produkte oder innovationsbasierte Kooperationen entwickeln.

      Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den relevanten Vergabeportalen vertraut machen – etwa mit der e-Vergabe des Bundes, TED (EU) oder den Vergabemarktplätzen der Länder. Neben formalen Eignungsnachweisen spielen Nachhaltigkeitszertifizierungen, IT-Sicherheitsstandards und Vergabeerfahrung eine zunehmende Rolle. Bei verteidigungsnahen Projekten gelten darüber hinaus erhöhte Anforderungen an Geheimschutz, IT-Security und Unternehmenszuverlässigkeit.

      Neben technischer Leistungsfähigkeit sind branchenspezifische Nachweise erforderlich – etwa im Bereich Geheimschutz, Sicherheitsüberprüfungen gemäß SÜG, Exportkontrolle oder NATO-/EU-Zulassung. Besonders in EU-Projekten wie unter ReArm Europe ist mit unterschiedlichen nationalen Regulierungen zu rechnen, was eine frühzeitige Compliance-Prüfung sinnvoll macht. Künftig wird eine stärkere Harmonisierung erwartet – sie ist Bestandteil europäischer Verteidigungsstrategie.

      Digitale Souveränität ist zunehmend ein Förder- und Vergabekriterium. Unternehmen, die Technologien auf europäischer oder nationaler Basis entwickeln, haben Vorteile bei der Projektvergabe – besonders in sensiblen Bereichen wie Cloud-Infrastruktur, Plattformlösungen, Datenverarbeitung oder Kommunikationsnetzen. Der Einsatz offener Standards, Interoperabilität sowie DSGVO-Konformität sind entscheidend.

      ÖPP-Modelle bieten privaten Unternehmen die Möglichkeit, sich langfristig an Infrastruktur- oder IT-Projekten der öffentlichen Hand zu beteiligen – als Bau- oder Betriebspartner, technischer Dienstleister oder Finanzierungspartner. Besonders in den Bereichen Bildung, Energieversorgung, Mobilität und digitale Verwaltung sind neue Projekte geplant. Erfolgsfaktoren sind transparente Vertragsmodelle, faire Risikoaufteilung und ein belastbares Governance-Framework.

      KRITIS-Bereiche wie Energie, Gesundheit, Transport oder Wasser unterliegen hohen regulatorischen Anforderungen. Unternehmen, die hier aktiv werden wollen, müssen technische Sicherheitsvorgaben, Auditpflichten und branchenspezifische Schutzkonzepte berücksichtigen – einschließlich Notfallplanung und IT-Sicherheit. Besonders relevant sind das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 und branchenspezifische Standards wie B3S. Auch ESG-Kriterien und Nachhaltigkeitsanforderungen gewinnen an Bedeutung.

      Cybersicherheit ist ein strategischer Schwerpunkt der Bundesregierung – insbesondere im Kontext kritischer Infrastrukturen und staatlicher Digitalprojekte. Unternehmen können durch Förderprogramme (z. B. „Digital Jetzt“), Brancheninitiativen (z. B. BSI-Kooperationen) oder EU-Förderung ihre Sicherheitsarchitektur stärken. Auch im Rahmen des ReArm Europe Plans wird Cybersicherheit als innovationsrelevantes Feld gesehen, das gezielt gefördert werden soll – insbesondere für kleine und mittlere Anbieter mit technologischer Spezialisierung.

      Mit Initiativen wie dem ReArm Europe Plan oder dem EDF will die EU ihre Verteidigungs- und Technologiefähigkeit stärken. Gefragt sind insbesondere KMU, Start-ups und Forschungspartner, die innovative Lösungen für sicherheitsrelevante Anwendungen liefern – etwa im Bereich KI, Robotik, Sensorik oder dual-use-Technologien. Zugang zu EU-Mitteln erfordert Kooperationsfähigkeit, Projektstrukturierung und Ausrichtung auf europäische Standards. Für viele Unternehmen bieten sich hier erstmals transnationale Fördermöglichkeiten und neue Märkte.

      Innovative Unternehmen können sich über Pilotprojekte, Testfelder oder Forschungskooperationen direkt an der Gestaltung künftiger Infrastrukturen beteiligen. Der Staat tritt dabei zunehmend als „Innovationskunde“ auf – offen für neue Technologien, modulare Ansätze oder skalierbare Lösungen. Besonders in Bereichen wie KI-gestützte Sicherheit, autonomer Transport, Raumfahrt oder digitale Resilienz sind gezielte Innovationspartnerschaften gewünscht – sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.


      KPMG Insights zum Thema Infrastruktur & Resilienz


      Ihre Ansprechperson

      Mathias Oberndörfer

      Bereichsvorstand Öffentlicher Sektor & Law

      KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft