a. Unanfechtbare Umsetzung von Prüfungsfeststellungen
Die Prüfungsfeststellungen der Außenprüfung müssen in einem Steuerbescheid, Feststellungsbescheid oder einem Teilabschlussbescheid unanfechtbar umgesetzt worden sein, das heißt, der Bescheid kann mit einem Rechtsbehelf nicht mehr angefochten werden. Die Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 4 AO tritt daher nicht ein, wenn und solange ein Einspruch gegen den Bescheid eingelegt wird, der den Eintritt der Bestandskraft hemmt.
Verrechnungspreisstreitigkeiten werden in der Regel entweder durch eine Einigung mit der Betriebsprüfung beendet oder setzen sich nach Abschluss der Außenprüfung in einem gerichtlichen Klageverfahren oder durch das Führen eines internationalen Verständigungsverfahrens fort. Die Einigung mit der Betriebsprüfung setzt im Regelfall einen Verzicht auf weitere Rechtsmittel voraus. Im Falle einer Einigung ist die Tatbestandsvoraussetzung der unanfechtbar gewordenen Umsetzung der Prüfungsfeststellungen im Sinne des § 153 Abs. 4 AO damit erfüllt.
Anders ist der Fall beim Einspruch beziehungsweise der Klage gelagert. In diesen Fällen werden erst mit Einspruchsentscheidung beziehungsweise durch ein rechtskräftiges Urteil die Prüfungsfeststellungen unanfechtbar, sofern sie nicht im Einspruchs- beziehungsweise Klageverfahren abgeändert worden sind. Sofern also diese Verfahren noch nicht abgeschlossen sind, tritt Unanfechtbarkeit und damit die Rechtsfolge des § 153 Abs. 4 AO gar nicht erst ein.
Die Unanfechtbarkeit eines Steuerbescheids bei einem Verständigungsverfahren hängt im Kern davon ab, ob Steuerpflichtige Einspruch eingelegt haben; ohne Einspruch tritt Unanfechtbarkeit ein, kann jedoch durch bestimmte Regelungen wieder aufgehoben werden und somit kann die Unanfechtbarkeit der Prüfungsfeststellung letztendlich vom Ausgang des Verständigungsverfahrens beeinflusst werden.
b. Bedeutung der zugrunde liegenden Sachverhalte
Den einer Prüfungsfeststellung zugrunde liegenden Sachverhalten kommt im Rahmen des § 153 Abs. 4 AO besondere Bedeutung zu: Die Anzeige- und Berichtigungspflicht entsteht nur, wenn diese Sachverhalte in anderen (nicht festsetzungsverjährten) Erklärungen zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen führen.
Wie zu Beginn erklärt, liegt der Fokus für Verrechnungspreissachverhalte auf einer möglichen Fortschreibungspflicht von Prüfungsfeststellungen in Folgejahre hinein, sodass das Tatbestandsmerkmal, dass es sich um eine Erklärung handeln muss, die nicht Gegenstand der aktuellen Außenprüfung war, für die Erklärungen der Folgejahre immer erfüllt ist. Somit stellt sich insbesondere die Frage, wie der Begriff der „zugrunde liegenden Sachverhalte“ zu verstehen ist, der Anlass zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen in Folgejahren geben.
An dieser Stelle ist es bislang unklar, ob § 153 Abs. 4 AO sich lediglich auf völlig neue und unerkannte oder auch auf bereits erkannte Sachverhalte bezieht. Letztere sollten bereits in Folgeerklärungen verarbeitet sein und dürften daher zu keiner Änderung führen. Es schließt sich die Frage an, ob die Regelung nur „Sachverhalte mit Dauerwirkung“, also Sachverhalte mit einmaliger Begründung und fortlaufender steuerlicher Auswirkung umfasst (zum Beispiel langfristige konzerninterne Darlehensvergabe zu einem fixen Zinssatz), oder auch auf „Sachverhalte mit Dauerwiederkehr“, also periodisch neu entstehende gleichartige Sachverhalte, anwendbar ist (zum Beispiel Anteil der nicht-verrechenbaren Shareholder-Kosten). Sofern nur „Sachverhalte mit Dauerwirkung“ erfasst werden, ist der Anwendungsbereich der Neuregelung sehr eng.
In der aktuellen Diskussion um die Fortschreibungspflicht von Prüfungsfeststellungen bei Verrechnungspreisen ist es fraglich, ob die Regelung auch für Folgejahre gilt. Der Hauptgrund liegt darin, dass Verrechnungspreise aufgrund sich ständig ändernder Marktbedingungen (zum Beispiel makroökonomischer Faktoren) jährlich neu bewertet werden müssen. Ferner gilt die Verrechnungspreismaxime, dass eine transaktionsbezogene Angemessenheitsanalyse erfolgen muss. Daher ist der Begriff des Sachverhalts wohl eher atomar auszulegen, sodass dieser spätestens mit Ende des Veranlagungszeitraums endet, auch wenn die Geschäftsbeziehung zwischen den verbundenen Parteien weiterläuft. Eine Auslegung des Begriffs "zugrunde liegende Sachverhalte" ist daher entscheidend für die Beurteilung, ob eine Fortschreibungspflicht bestehen könnte.