Vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen spricht Pälvi Pulli, Botschafterin und stellvertretende Staatssekretärin, in einem Interview mit Prof. Dr. Reto Eberle (KPMG) über die Herausforderungen der Schweizer Sicherheitspolitik, darunter der Schutz kritischer Infrastrukturen, Neutralität, strategische Autonomie, internationale Zusammenarbeit und Krisenbewältigung.

Nachfolgend finden Sie einige ausgewählte Fragen aus dem Interview. Um das vollständige Interview herunterzuladen, scrollen Sie bitte nach unten. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

Prof. Dr. Reto Eberle

Partner, Member of the Department of Professional Practice

KPMG Switzerland

Reto Eberle: Was ist Ihre Aufgabe als Chefin Strategie und Kooperation im Staatsekretariat für Sicherheitspolitik?

Pälvi Pulli: Wir analysieren laufend sicherheitspolitische Entwicklungen und leiten daraus politische Handlungsoptionen ab – in enger Abstimmung mit anderen Departementen und Kantonen. Unsere Aufgabe ist es, gut begründete und umsichtige Vorschläge zu machen. Die Priorisierung, auch der finanziellen Mittel, liegt letztendlich in der politischen Verantwortung.

Ist ein NATO-Beitritt – wie in jüngst von Finnland und darauf von Schweden erfolgt – auch für die Schweiz denkbar?

Aktuell nicht. Die Schweiz hat einen anderen historischen Kontext als Finnland oder Schweden, und unsere Lage ist günstig. Die Schweizer Neutralität ist völkerrechtlich verankert und erlaubt keine militärische Unterstützung von Kriegsparteien. Kooperationen mit internationalen Partnern sind möglich, solange sie keine Abhängigkeiten schaffen. Ein NATO-Beitritt wäre mit der Neutralität auch nicht vereinbar. Die Anwendung der Neutralität – etwa bei der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial – ist heute zentraler Bestandteil der sicherheitspolitischen Debatte, da hier Handlungsspielraum besteht.

Prof. Dr. Reto Eberle & Pälvi Pulli

Wo steht die Schweiz in zehn Jahren in der Neutralitätsfrage?

Das hängt stark von den Lageentwicklungen ab – insbesondere vom Verlauf des Kriegs in der Ukraine und dem Verhalten von Grossmächten, auch Russlands. Sollte sich die Sicherheitslage massiv verschärfen, könnte es auch in der Schweiz zu einem Umdenken kommen.  Auf absehbare Zeitbietet die Neutralität den nötigen Handlungsspielraum – auch die Vorbereitung auf den Ernstfall.

Prof. Dr. Reto Eberle & Pälvi Pulli

Wie wirken sich globale Trends wie Klimawandel, Polarisierung oder wirtschaftliche Abhängigkeiten auf die Sicherheitspolitik aus?

In vieler Hinsicht. Wirtschaftliche Abhängigkeiten verschränken sich immer stärker mit Sicherheit, sie werden zum Druckmittel, indem z.B. versucht wird, Rivalen vom Zugang zu kritischen Gütern abzuschneiden. Die wachsende Polarisierung zeigt sich einerseits in internationalen Spannungen, andererseits in innenpolitischen Entwicklungen. Der Klimawandel verschärft Naturereignisse und befeuert Konflikte. Diese Entwicklungen sind manchmal rasch, miteinander verbunden, und erhöhen den Handlungsdruck. Das fordert uns heraus, zumal Entscheidungen in der Schweiz umfassend vorbereitet und breit abgestützt werden.

Pälvi Pulli

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Interview mit Pälvi Pulli

Sicherheitslage im Wandel: Was dies für die Schweiz bedeutet

Interview mit Botschafterin Pälvi Pulli, Stv. Staatssekretärin, Staatssekretariat für Sicherheitspolitik

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