3. Beurteilung durch das BFG
Das BFG beurteilte das Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z. 10 KStG anhand des vorliegenden Sachverhalts (i) nach innerstaatlichen und (ii) nach unionsrechtlichen Maßstäben.
Das BFG erkannte an, dass die Verlustsituation im Jahr 2018 in Liechtenstein nicht durch eine Steuerermäßigung verursacht wurde, sondern durch tatsächliche wirtschaftliche Umstände. Daher war das Zinsabzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z. 10 KStG bereits nach innerstaatlicher Beurteilung nicht anwendbar und die Zinsaufwendungen für das Jahr 2018 abzugsfähig.
Für die Jahre 2015 bis 2017, sowie 2019 bis 2020 war § 12 Abs. 1 Z. 10 lit. c TS. 3 KStG aufgrund der fiktiven Eigenkapitalverzinsung im Ausland allerdings grundsätzlich anwendbar. Das BFG stellte aber nach unionsrechtlicher Beurteilung fest, dass das aktuelle Abzugsverbot faktisch nur bei grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten greift und somit eine verdeckte, indirekte Diskriminierung von ausländischen niedrigbesteuerten konzernzugehörigen Körperschaften darstellt (Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit). Diese Diskriminierung ist nicht ausschließlich auf rein künstliche Konstruktionen anwendbar, weshalb nach Ansicht des BFG keine Rechtfertigung vorliegt. Demzufolge wurde § 12 Abs. 1 Z. 10 KStG im Ergebnis durch das BFG derart eingeschränkt, dass das Abzugsverbot nur noch auf Missbrauchsfälle und Fälle, in denen ein ungewöhnlich hoher, fremdunüblicher Zinssatz zur Anwendung gelangt, anzuwenden sei.
Für das Jahr 2014 wurde der Zinsabzug im Übrigen zur Gänze zugelassen, da der heutige Wortlaut des § 12 Abs. 1 Z. 10 lit. c TS. 3 KStG (eine auch dafür vorgesehene Steuerermäßigung) erst mit 31. Dezember 2014 in Kraft trat und daher nach Ansicht des BFG auf das Veranlagungsjahr 2014 nicht anwendbar ist.
Mangels Missbrauchs und da für diese Zeiträume eine fremdübliche Verzinsung gegeben war, wurde der Beschwerde der Bf1 für alle Beschwerdejahre stattgegeben.
Das BFG erachtete aufgrund vergleichbarer EuGH-Rechtsprechung keine Vorlage an den EuGH für seine Entscheidungen als notwendig.