Sperrfristen im Bereich der Immobiliensteuern

Vermeidung von unliebsamen Überraschungen durch Kenntnis und umsichtiges Handeln.

Beim Verkauf oder der Umstrukturierung von Immobilien geht es oft um hohe Werte. Umso wichtiger ist es somit, sich der steuerlichen Dos und Don'ts bewusst zu sein und umsichtig zu handeln, sollte eine steuerliche Sperrfrist drohen oder bereits bestehen.

Kennen Sie das?

Ignorantia legis non excusat – oder in den nachfolgend erläuterten Fällen wohl treffender – Unwissenheit schützt vor Steuern (zumeist) nicht.

Das Steuerrecht besitzt zahlreiche Hürden. Einige davon sind eher, andere weniger offensichtlich und bekannt. Dazu gehören nicht zuletzt steuerliche Sperrfristen, die oft zu unliebsamen Überraschungen oder eingeschränkten Gestaltungsmöglichkeiten führen können.

Insbesondere im Immobiliensteuerbereich (für den vorliegenden Beitrag: Einkommens- resp. Gewinn- und Grundstückgewinnsteuern sowie Handänderungssteuern) mit seinen zahlreichen Spezialbestimmungen sowie geringer interkantonaler Harmonisierung bestehen in der Theorie und Praxis hierzu oftmals grosse Unsicherheiten.

Christoph Frey

Partner, Real Estate Tax

KPMG Switzerland

Michael Scheibli
Michael Scheibli

Expert, Real Estate Tax

KPMG Switzerland

Das Konzept der steuerlichen Sperrfrist

Im Sinne der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gibt es im Steuerrecht zahlreiche Ausnahmen, um grundsätzlich steuerbare Vorgänge aufschiebend (oder gänzlich steuerfrei) zu gestalten sowie grundsätzlich aufschiebende (oder steuerfreie) Vorgänge der Besteuerung zu unterwerfen.

Um Gestaltungen zu bekämpfen, die sich dies in ungerechtfertigterweise zu Nutze machen, existieren i) gesetzliche, verobjektivierte Sperrfristen (womit das Motiv irrelevant wird), sowie ii) explizite oder implizite Fristen vonseiten der Steuerverwaltungen und Gerichte, bei deren Verletzung ein Missbrauch (resp. Nichterfüllung im Übertragungszeitpunkt) angenommen wird. Ebenfalls existieren Tatbestände, bei denen die Steuerverwaltungen ohne Sperrfrist, d. h. zeitlich unbegrenzt eine Missbrauchsabsicht annehmen können.

Steuerliche (Sperr-)Fristen im Immobiliensteuerbereich

Die nachfolgende beispielhafte Aufzählung beschäftigt sich mit gängigen Fristen im Bereich der Immobiliensteuern, um Steuerpflichtige auf potenzielle Steuerfolgen oder eingeschränkte Handlungsspielräume aufmerksam zu machen:

Verobjektivierte (gesetzliche) Sperrfristen

  1. Indirekte Teilliquidation

    Gemäss Art. 20a Abs. 1 lit. a DBG können Ausschüttungen von einer aus dem Privatvermögen einer natürlichen Person erworbenen Beteiligung (bei Wechsel ins Geschäftsvermögen) innerhalb von fünf Jahren nach Erwerb beim Veräusserer weiterhin zu Einkommenssteuerfolgen führen. Gerade bei Gesellschaften mit Immobilienbesitz stellt sich oftmals die Frage nach der Betriebsnotwendigkeit, da das Fehlen deren eine Voraussetzung für die Erfüllung dieses Steuertatbestandes ist. Entsprechende Aktienkaufverträge enthalten sodann zumeist Schadloshaltungsklauseln, womit die resultierenden Steuerfolgen letztendlich vom Käufer zu tragen sind.

  2. Umwandlung Personenunternehmung in juristische Person

    Oftmals werden als Personenunternehmungen geführte Betriebe gerade im Hinblick auf eine spätere Veräusserung oder Nachfolgelösung gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. b DBG steuerneutral in juristische Personen umgewandelt. Immobilien können hierbei grundsätzlich mitgegeben werden, selbst wenn diese nichtbetriebsnotwendige Aktiven darstellen. Sofern jedoch innerhalb von fünf Jahren nach Umwandlung Anteile an der juristischen Person zu einem über dem übertragenen steuerlichen Eigenkapital liegenden Preis veräussert werden, wird anteilig über die gesamten übertragenen stillen Reserven abgerechnet.

  3. Tochterausgliederung (Konzernübertragung)

     Ebenfalls halten Art. 61 Abs. 2 und Art. 61 Abs. 4 DBG fünfjährige Sperrfristen für Tochterausgliederungen respektive Übertragungen im Konzern betreffend die i) Veräusserung von steuerneutral übertragenen Vermögenswerten oder ii) der Anteile an der empfangenden Gesellschaft resp. der Aufgabe der einheitlichen Leitung (sog. doppelte Sperrfrist) fest. Die alleinige Übertragung von Immobilien, die weder einen Betrieb noch betriebliches Anlagevermögen darstellen, ist hingegen von vornherein nicht auf diese Weise steuerneutral möglich.

  4. Einkäufe Pensionskasse

    Für Privatpersonen ist des Weiteren zu beachten, dass gemäss Art. 79b BVG Abs. 3 Einkäufe in die Pensionskasse innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform zurückgezogen werden dürfen. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BGE 2C_658/2009) gilt diese Norm für Steuerzwecke als verobjektivierte Sperrfrist und betrifft auch Vorbezüge für Zwecke der Wohneigentumsförderung (WEF) (vgl. BGE 2C_29/2017).

Fristen vonseiten Steuerverwaltung und Rechtsprechung

  1. Spaltung mit anschliessender Einstellung eines Betriebes

    In der Praxis äusserst relevant ist die steuerneutrale Spaltung von oftmals in einer Gesellschaft organisch gewachsenem Kerngeschäft und Immobilienbetrieb in separate Gesellschaften nach Art. 61 Abs. 1 lit. b DBG. Erfolgt hierbei eine zeitnahe Einstellung einer der beiden Betriebe, wird dies als schädlich angesehen (sog. doppeltes Betriebserfordernis). Die Veräusserung der gespaltenen Beteiligungen unterliegt hierbei keiner Sperrfrist. Eine Veräusserung von betrieblichen Aktiven (bspw. Immobilien einer Immobiliengesellschaft) innerhalb weniger Jahre nach der Spaltung kann jedoch als schädlich angesehen und die Spaltung nachträglich als steuerbar qualifiziert werden.

  2. Revers

    Falls zwar keine gesetzlich verankerte Sperrfrist besteht, die Steuerverwaltung aber von einem erheblichen Missbrauchspotenzial einer steuerlichen Gestaltung ausgeht, kann es den Steuerpflichtigen zur Unterzeichnung eines Revers anhalten. Dieser hält das Einverständnis des Steuerpflichtigen fest, im Falle von vereinbarten Zuwiderhandlungen innerhalb einer gewissen Frist (gewöhnlich fünf Jahre) ein Nachsteuerverfahren einleiten zu dürfen. In der Praxis wurde dies mit Bezug auf die Immobilienbesteuerung von den Autoren sodann bereits bei Asset Swaps zwischen Vorsorgeeinrichtungen (vgl. unseren entsprechenden Beitrag) oder beim Verkauf von Immobiliengesellschaften durch von natürlichen Personen gehaltenen Holdinggesellschaften beobachtet. Weiter  besteht beispielsweise der Kanton Bern bei einer Quasifusion mit einer Immobiliengesellschaft (vgl. nachfolgender Abschnitt) auf die Unterzeichnung eines Revers. Ein weiteres Beispiel ist der Revers im Zusammenhang mit der Anwendung der modifizierten Dreieckstheorie bei natürlichen Personen als Anteilsinhaber bei nicht steuerneutralen Spaltungen.

  3. Quasifusion

    Eine zunehmend beliebte Strukturierungsvariante im Bereich Fusionen und Übernahmen von Immobiliengesellschaften liegt in der steuerlichen Quasifusion. Sind die Voraussetzungen erfüllt, liegt nämlich ein auch für Zwecke der Immobiliensteuern neutraler Aktientausch statt einer steuerpflichtigen Veräusserung vor. Erfolgt jedoch zeitnah (gem. ESTV KS 5a: Frist von 5 Jahren) eine Fusion mit der übernehmenden Gesellschaft wird diese einer Schwesterfusion gleichgestellt, mit entsprechenden Steuerfolgen beim Veräusserer. Bei einer Quasifusion kann (zwecks Vermeidung/Regelung von Steuerumgehungen) aber auch auf den zugeteilten Aktien der übernehmenden Gesellschaft eine fünfjährige Veräusserungssperrfrist angesetzt werden, obwohl eine solche gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Exkurs: verrechnungssteuerliche Missbrauchstatbestände ohne Fristen

Bei internationalen Sharedeals von Immobiliengesellschaften ist in der Praxis sodann die Umgehung der Verrechnungssteuer (nachfolgend: VST) nach Art. 21 Abs. 2 VSTG von äusserst hoher Relevanz. Wird eine solche erblickt, so kann die Umgehung gemäss aktueller Rechtsprechung auch durch Zeitablauf nicht mehr geheilt werden (bestätigt z. B. im Leitentscheid BGE 2C_80/2021). Ohne entsprechende Vorkehrungen während des Erwerbs trägt der neue Eigentümer die wirtschaftlichen Folgen der resultierenden Steuerlast. Nachfolgend werden die hierfür relevantesten Umgehungstatbestände aus schweizerischer Sicht deshalb kurz vorgestellt:

  1. Altreservenpraxis

    Verbessert sich die Rückerstattungsposition bei der VST auf ausschüttbaren, nichtbetriebsnotwendigen Mitteln (z. B. thesaurierte Gewinne einer Immobiliengesellschaft) durch eine Umstrukturierung oder einen Verkauf, so wird die Rückerstattung der VST bei nachfolgenden Ausschüttungen bis zur Höhe der ansonsten vorliegenden Ersparnis grundsätzlich verweigert.

  2. Stellvertretende Liquidation

    Betreffend die Erklärung dieser Rechtsfigur verweisen wir auf unsere entsprechenden Beiträge vom 3. April 2017 sowie vom 27. April 2022. Im Gegensatz zur Altreservenpraxis erstreckt sich die Verweigerung der Rückerstattung der (vermeintlich) eingesparten VST hierbei jedoch auch auf die stillen Reserven resp. den gesamten Kaufpreis der Gesellschaft (abzüglich VST-freies Substrat).

Fazit und graphische Gesamtübersicht

Liegen aufgrund von geplanten oder bereits erfolgten Vorgängen wie vorgenannt steuerliche (Sperr-)Fristen vor, empfiehlt es sich, diese zu überwachen und zu beachten, um die zuweilen substanziellen negativen Steuerfolgen bei einer Verletzung zu vermeiden.

Nichtsdestotrotz gibt es bei drohenden oder bereits vorhandenen steuerlichen (Sperr-)Fristen zahlreiche Gestaltungsvarianten, um ein wirtschaftlich möglichst optimales Ergebnis zu erreichen, ohne diese zu verletzen.

Sie haben nicht gefunden, wonach Sie gesucht haben?

Immobilien

Immobilien verkaufen, bewerten, managen und optimieren. Wir beraten ganzheitlich zu finanziellen, steuerlichen, rechtlichen und prozessualen Themen.

Real Estate Tax

Wir beraten Sie kompetent mit lokalen Spezialisten zu sämtlichen Steueraspekten Ihrer schweizweiten und internationalen Immobilieninvestments.

Internationale Unternehmessteuer

Unternehmenssteuern sind zentraler Bestandteil der finanziellen Unternehmensführung. Die Steuerplanung muss Teil der Geschäftsstrategie sein.