Die Entwicklung des Auditors im digitalen Zeitalter

Das Vertrauen in die Digitalisierung entwickelt sich weiter. Und Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer sollten mitziehen. Die Reise verspricht herausfordernd zu werden, aber auch viel Freude zu bereiten. Rob Fijneman erinnert sich, dass anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der IT-Audit-Ausbildung an der Universität Tilburg im Jahr 2014 eine Zukunftsvision entwickelt wurde, die von einem Song der Talking Heads inspiriert war: «We're on a road to nowhere». In dem Lied heisst es: Auch wenn wir nicht alle Antworten haben, das werden wir auch nie, streben wir nach vorne, und wir sind bereit, diesen Weg zu gehen.

Der Song der Talking Heads bestätigt die Binsenweisheit, dass es schwierig ist, die Zukunft vorherzusagen, was auch für die Zukunft der Wirtschaftsprüfung gilt.

Klar ist, dass der Einsatz von Technologie in unserem täglichen Leben und in der wirtschaftlichen Realität fest verankert ist. Und wir wissen auch, dass sich der digitale Wandel nach wie vor in erstaunlichem Tempo vollzieht und zu neuartigen Unternehmensformen wie digitalen Versicherern oder digitalen Gesundheitseinrichtungen führt. Der hohe Stellenwert, den die Technologie auf der Agenda des Verwaltungsrats einnimmt, hat auch Auswirkungen auf die Prüfung des Jahresabschlusses.

Das Berufsfeld des modernen IT-Prüfers deckt heute den gesamten Lebenszyklus der Technologie ab – von der Strategie bis zum Umgang mit Altsystemen, von der Entwicklung bis zum Betrieb und zur Wartung, von der Erarbeitung von Geschäftskonzepten bis zur Verbesserung der IT-Kosteneffizienz, von der engmaschigen IT-Unterstützung bis zum umfassenden Stakeholder-Management. Auf dieser Ebene müssen IT-Prüferinnen und -Prüfer ebenfalls ihren Beitrag leisten.

Darüber hinaus wissen wir, dass man nur dann zukunftsfähig ist, wenn man die Vergangenheit versteht. Die heutige Realität unterscheidet sich stark von der Praxis, die vor rund 50 Jahren angewendet wurde. Seinerzeit wurde Technologie zur Unterstützung der Back-Office-Prozesse im Finanzbereich eingesetzt, und die Abschlussprüferinnen und -prüfer sahen sich mit der Herausforderung konfrontiert, die technischen Details zu beherrschen. Daraus entwickelte sich die Disziplin der IT-Prüfung. Schnell wurde auch der Bedarf an einem gemeinsamen Wissensbereich für beide Prüfungsberufe erkannt.

Ende des 20. Jahrhunderts konzentrierte sich meine Doktorarbeit auf den für eine qualitativ hochwertige Jahresabschlussprüfung erforderlichen gemeinsamen Wissensstand im Bereich der Technologie. Damals boten Universitäten und Nachdiplomstudiengänge unterschiedliche Kurse an, und die Anzahl Stunden, die für Technologie aufgewendet wurden, waren sehr unterschiedlich. Dank der zunehmenden Zahl von Technologiekursen und der Einbindung sowohl der «Prüfung mittels Technologie» als auch der «Prüfung von Technologie» wurde diese gemeinsame Wissensbasis geschaffen.

Die abgebildete Grafik veranschaulicht einige zukunftsweisende Entwicklungen der letzten 50 Jahre. Sie verdeutlicht, dass sich die IT-Prüfung, d. h. die Prüfung von Technologie (Audit of Technology), schon früh entwickelt hat und auch heute noch durchgeführt wird, wobei der Schwerpunkt auf den wichtigsten finanzrelevanten Anwendungen (Anwendungskontrollen) und den unterstützenden allgemeinen IT-Kontrollen (eingebettet in Betriebssysteme, Datenbanken und Netzwerkebenen) liegt.

Im Laufe der letzten Jahre hat der Einfluss von Algorithmen und KI zugenommen, was einen neuen Aspekt des Prüfungsumfangs darstellt.

Die Prüfung mittels Technologie (Audit with Technology) wurde ab 2015 durch hochentwickelte Datenanalytik (zur Validierung von Anwendungskontrollen, ITGCs und sogar kompletten Datensätzen) verstärkt. Heutzutage geschieht dies auch durch den Einsatz von KI als Prüfungsinstrument.

All dies steht im Einklang mit den Ansichten des World Economic Forum zum digitalen Vertrauen: Digitale Technologien und Dienstleistungen – sowie die sie bereitstellenden Unternehmen und Organisationen – werden die Interessen aller Stakeholder schützen und gesellschaftliche Erwartungen und Werte aufrechterhalten. 

Wie bereits erwähnt, ist die Zukunft nur bedingt vorhersehbar.

Die moderne Prüfung umfasst heute bereits viele Elemente aus dem Bereich der Technologie. So werden relevante Schlüsselkontrollen sowohl in den Anwendungen (IT-Kontrollen) als auch in den relevanten Infrastrukturbereichen (allgemeine IT-Kontrollen) getestet, und bei der Echtzeit-Systemprüfung validieren die Prüferinnen und Prüfer die Qualität der neuen Kontrollen bereits während der Systemgestaltung und Datenmigration. In der Prüfung werden nun auch die Cyber-Governance und sämtliche Cyber-Vorfälle berücksichtigt.

Inzwischen bewegen sich integrierte Teams mit Fachleuten aus der Finanz- und IT-Prüfung auf ein Zeitalter der permanenten Prüfung zu, während die Technologie zunehmend standardisiert wird. Hilfsmittel zur fortlaufenden Überwachung sind eine Realität, die durch Algorithmen und ähnliche Verfahren erheblich unterstützt wird. Die sogenannte datengesteuerte Prüfung nimmt Gestalt an und kann viele der heutigen Prüfungsverfahren ersetzen. Zudem helfen KI-basierte Lösungen bei der Bewertung und Beurteilung von Ausreissern. 

Man wird den Eindruck nicht los, dass unser Beruf von Compliance und risikoaversen Herangehensweisen beherrscht wird, was zu einem relativ langsamen Wandel in der Branche führt. Andere Wirtschaftszweige wurden aufgrund ihres schleppenden Fortschritts überholt, und dies könnte auch für die Wirtschaftsprüfungsberufe gelten.

Die Kontrolle und Überwachung von Tätigkeiten könnte künftig durch Technologie erfolgen, kognitive Lernmodelle könnten zur Prozessoptimierung eingesetzt werden und Roboter könnten auf Dauer zu besseren «Prüferinnen und Prüfern» ausgebildet werden. Bestenfalls erfolgt die Absicherung solcher Innovationen bereits bei ihrer Konzeption, sodass keine Bedenken mehr bestehen, sobald das System getestet und in Betrieb genommen wurde.

Dieses Denken schafft aber auch Chancen: Wer validiert die Qualität der fundamentalen Regeln, die in die vollautomatischen Kontroll-, Überwachungs- und Prüfsysteme eingebaut werden? Jemand muss die anzuwendenden Regeln definieren und validieren, und das ist eine wichtige Aufgabe, die auf Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer wartet.

Für diese Aufgabe benötigen wir technisch versierte Abschlussprüferinnen und -prüfer, die von IT-Prüfungsspezialistenteams unterstützt werden. Der ursprünglich 1999 entwickelte Lehrplan für dieses Berufsbild umfasst mehrere Themenbereiche, die für diese Aufgabe unerlässlich sind. Dazu gehören beispielsweise Themen wie Cloud und Datenbanken, die Prüfung von IT-Kontrollen und die Sicherung von Algorithmen. 

Es ist zu wünschen, dass der Lehrplan sowohl durch den Berufsverband als auch durch unternehmensspezifische Kurse weiterentwickelt und vorangebracht wird, um den Beruf zukunftssicher zu machen. Mehr denn je benötigen wir integrierte Teams mit Teammitgliedern, deren Kompetenzen sich bis zu einem gewissen Grad überlappen.

Im Endeffekt werden sich die vereinten Qualitäten von Abschlussprüferinnen und Technologieexperten annähern und eine einzigartige Symbiose bilden, aus der ein neuer Prüfungsstandard hervorgehen wird. Anders ausgedrückt: Die Prüfung von IT und die Prüfung mittels IT rücken näher zusammen und werden die Basis für eine neue Art der Rechnungsprüfung und eine neue Generation von Finanzprüferinnen und -prüfern bilden.

Eines steht fest: Es wird eine spannende Reise. Oder um nochmals auf den Talking-Heads-Song zu verweisen: Es macht Spass, in Richtung Nirgendwo unterwegs zu sein.